Impuls aus Trechtighausen

Auf der kürzeren Strecke, die eine Bahnstation später, in Trechtingshausen begann, war mehr Zeit für Ausblicke und Rasten. Nach dem Erklimmen des ersten Berges war vor dem Tor der Burg Reichenstein ein Gedicht von Eduard Mörike (1804-1875) zu hören:

Septembermorgen
Im Nebel ruhet noch die Welt,
Noch träumen Wald und Wiesen:
Bald siehst du, wenn der Schleier fällt,
Den blauen Himmel unverstellt,
Herbstkräftig die gedämpfte Welt
In warmem Golde fließen.

Das „Bald“ war da schon zum „Jetzt“ geworden - der Nebel hatte sich schon eine Weile aufgelöst, und der klare blaue Himmel spiegelte sich im Rhein.

Als auf einem schmalen Pfad die ersten roten Beeren gesichtet wurden, war Zeit für ein Gedicht von Gustav Falke (1853-1916): 

September
Der Dornbusch prangt im Schmuck der roten Beeren,
Die Dahlien in ihrer bunten Pracht,
Und Sonnenblumen mit den Strahlenspeeren
Stehn stolz wie goldne Ritter auf der Wacht.

Die Wespe nascht um gelbe Butterbirnen,
Die Äpfel leuchten rot im Laub und glühn
Den Wangen gleich der muntren Bauerdirnen,
Die sich im Klee mit ihren Sicheln mühn.

Noch hauchen Rosen ihre süßen Düfte,
Und freuen Falter sich im Sonnenschein,
Und schießen Schwalben durch die lauen Lüfte,
Als könnt des Sommerspiels kein Ende sein.

Nur ab und an, kaum dass der Wind die Äste
Des Baumes rührt, löst leise sich ein Blatt,
Wie sich ein stiller Gast vom späten Feste
Heimlich nach Hause stiehlt, müde und satt.

„Müde und satt“ sind alle Pilger schließlich heimgekehrt von der letzten Pilgeretappe in diesem Jahr – und freuen sich schon aufs Frühjahr 2024, wenn es weitergeht auf dem Jakobsweg! 

Vielleicht geht der eine oder andere ja auch in Herbst und Winter erneut eine der wunderschönen Strecken an Rhein und Mosel oder begibt sich auf die vielen anderen Pfade des großen europäischen Wegenetzes und berichtet für den Blog…




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